Mit der spielen wir nicht! – Mobbing unter Kindern

von | Jul 27, 2023 | Entwicklung, Gemeinschaft

Es ist Juli 2023. Eine Erinnerung an den Oktober 2022, den Anfang unserer ersten längeren Reise, auf einer ersten Etappe in einer Gemeinschaft.

„Hier wohnt Lena* (4 Jahre, auch seit einigen Monaten hier), die ist doof, mit der spielen WIR nicht!“.

Ich stehe bei offener Apartment-Tür in der Küche und koche unser Mittagessen. Zwei Mädchen rennen vorbei: Ein knapp sechsjähriges Mädchen, das einen Tag vor uns angekommen ist und nun knapp eine Woche vor Ort ist, und eine Fünfjährige, die seit einigen Monaten hier lebt. Die ältere rief der jüngeren ganz nebenbei diesen Satz zu.

 

Verhalten von Kindern

Ich bin irritiert, schockiert. Da wird ein kleines Mädchen von einem anderen neuankommenden Mädchen einfach so ausgeschlossen. So kurz und bündig wird festgelegt, wie die neuen Regeln sind, mit wem gespielt werden darf und mit wem nicht.

Von den Eltern weiß ich, dass die ausgeschlossene Vierjährige und die Fünfjährige vorher durchaus miteinander gespielt haben. Während unseres weiteren Aufenthaltes merke ich, dass diese Anweisung auch befolgt wird.

Unsere (damals knapp fünfjährige) Tochter durfte übrigens die ersten Tage mitspielen. Sie hatte dann aber keine Lust mehr, sich ständig herum kommandieren zu lassen. Sie hat nicht verstanden, warum die Ältere ständig unterbunden hat, dass sie mit der Fünfjährigen spielt und die Fünfjährige kommentarlos alles macht, was ihr von der Älteren gesagt wird. Und hat sich dann enttäuscht zurückgezogen.

Wir sind nicht lange dort geblieben. Aus anderen Gründen hat es auch für uns dort nicht gepasst.

Ähnliche Situationen erlebten wir später noch auf Sardinen auf einem Campingplatz mit anderen Reisefamilen. Dort waren die Kinder schon älter und das Ausschließen geschah auf komplexere Weise. Und auch hier waren wir verblüfft und andererseits froh, dass unsere Kinder „nicht beteiligt waren“, da sie altersmäßig aus der Gruppe fielen.

 

Verantwortung der Eltern

Als mir heute diese Situation in den Kopf kam, dachte ich zunächst empört, dass ich das heute nicht einfach mitmachen würde. Ich überlegte, wie ich heute reagieren würde. Nach meiner Entwicklung würde ich mit den Eltern reden und dies in der Gemeinschaft thematisieren. Bezogen auf diese konkrete Situation weiß immer noch nicht, wie! Mir fehlt tatsächlich noch das Handwerkszeug dazu, solche Situationen, die ja im Hintergrund sehr komplex sind, vernünftig mit den Eltern zu besprechen, um eine Lösung zu finden.

Eine Variante ist natürlich die Flucht. Weiterziehen an den nächsten Ort. Aber die reine Flucht ist ja bekanntlich kein Ausweg. Schließlich nimmt jeder seinen Rucksack immer mit.

Also konstruktiv herangehen: Orte anschauen, sich einfühlen, und noch intensiver den richtigen Ort und die geeigneten Menschen aussuchen. Immerhin hat der weitere Verlauf unserer Reise nicht nur eine Entwicklung zum besseren Umgang mit diesen Themen gebracht, sondern auch gezeigt, dass es durchaus Orte und Menschen gibt, die ihre Kinder so begleiten, dass die Kinder gar nicht auf die Idee kommen, andere derart auszuschließen. Und wenn dies der Fall ist, sie so aufzufangen, dass man die zugrunde liegende Ursache und die dahinterstehenden Bedürfnisse des Kindes sieht.

So haben wir sehr schöne Begegnungen mit Menschen gehabt, wo die Kinder in einem liebevollen Miteinander  innerhalb einer großen Altersspanne sich gegenseitig respektiert und unterstützt haben, sowohl bei Begegnungen mit einzelnen Familien wie auf der Rückreise in der Südtoskana (wo auch das Titelbild und das Bild im Artikel aufgenommen wurden) als auch auf größeren Gemeinschaftstreffen wie bei dem der Stella Verde am Lago Maggiore.

Und ich bin guter Hoffnung, dass uns immer mehr Menschen begegnen, die ein Bewusstsein für ein Miteinander unter Erwachsenen und Kindern haben und mit denen man auf dieser Ebene kommunizieren kann.

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